
Neuseeland, eines meiner Zuhause am anderen Ende der Welt. Es haben nicht viele das Glück, dieses wunderschöne Land im zarten Alter von 32 bereits drei Mal bereist zu haben.
Das erste Mal war ich hier mit 16 Jahren, noch vor der Zeit von WhatsApp und zu der Zeit, wo man noch in die Botschaft gehen musste, um das Visum dort zu beantragen (letzteres hat sich allerdings erst innerhalb der letzten zwei Jahre geändert, fühlt sich aber schon länger her an. Ich erinner mich noch zu gut, als ich für die Beantragung des Visas für Indonesien für Cédrics und meine Reise insgesamt vier Mal zu der indonesischen Botschaft gehen durfte, weil immer wieder ein Feiertag dazwischen kam, von dem ich erst erfuhr, als ich vor der Botschaft stand. Aber nun gut, das ist eine andere Geschichte).
Ich hatte also das große, große Glück, tolle und unterstützende Eltern zu haben, die es mir ermöglichten, mit 16 sechs Monate am anderen Ende der Welt zu verbringen. Eine Zeit, an die ich immer noch so gerne zurück denke und in der ich so viel Lernen durfte.
Das war ein unglaublich tolles Abenteuer mit wunderbaren Reisen, bei denen ich im Nachhinein betrachtet mehr unterwegs als in der Schule war. Schon damals zeigte sich die entspanntere Haltung der Schule gegenüber der Schüler*innen, zumindest der internationalen, denn bei jeder Beantragung einer neuen Reise meinte die Schule nur, ich solle soviel reisen wie nur irgendwie möglich, Neuseeland ist so weit weg von Deutschland und so schnell komme ich hier nicht wieder her. Die sechs Monate verbrachte ich bei einer unglaublich warmherzigen Gastfamilie, zu denen ich und meine Familie noch immer in Kontakt stehen und die ich von meinem ersten Lehrergehalt gleich wieder besuchte.
Aber das finde ich, ist das wirklich wunderbare an Reisen…
Man trifft Menschen am anderen Ende der Welt, die, wenn man Glück hat zu lebenslangen Freunden und sogar Familie werden. Und ich weiß, es lesen hier einige mit, die ich in Neuseeland und Schweden (da habe ich ein Jahr nach dem Abitur gelebt) kennengelernt habe und die zu einem sehr wichtigen Teil meines Lebens geworden sind. Es lohnt sich also zu reisen, es muss ja nicht gleich ans andere Ende der Welt sein, was fürs Klima ja eh wirklich ganz und gar nicht gut ist leider…
In diesem halben Jahr habe ich also ganz viel von Neuseeland gesehen und meine Highlights damals waren definitiv auf der Südinsel die Milford Sounds, die Reise mit dem Zug über die neuseeländischen Alpen, die Pancake Rocks und die Moeraki Boulders. Auf der Nordinsel erinnere ich mich nur zu gut an die stinkenden Geysire bei Rotorua und die wunderschöne Bay or Islands.
Mein absolutes Highlight meiner Zeit in Neuseeland war allerdings die Fahrt auf der Spirit of New Zealand, ein Segelboot für Jugendliche, auf dem wir 10 Tage an der Nordinsel Neuseelands entlang gesegelt sind. Eine Erfahrung, die man mit Worten nicht beschreiben kann, von der ich aber immer noch zehre.
Aber genug Reise in die Vergangenheit… Ihr findet hiermit aber die Erklärung, warum dieser Artikel über Neuseeland keiner wird, wo ihr viele Tipps und Ideen für eure Reise nach Neuseeland finden werdet. Denn ich habe die Zeit größtenteils bei Freunden in Auckland und meiner Gastfamilie bei Wellington verbracht, und das Beisammensein genossen.
Einiges, abgesehen von Tee trinken mit meiner Gastfamilie, habe ich aber natürlich in Neuseeland auch diesmal erlebt…

Was ich auf dieser Reise unbedingt sehen wollte und was ich bisher noch nicht gesehen hatte, war der Ort im Norden der Nordinsel, Waitangi, wo das sogenannte Treaty of Waitangi geschlossen wurde. Hierbei handelt es sich um ein Abkommen, dass im 19. Jahrhundert zwischen den europäischen Siedlern (Pakeha) und den Māori geschlossen wurde und seit dem zu vielen schlimmen Dingen in der Geschichte Neuseelands geführt wurde. In dem Abkommen wurde unterzeichnet, dass Neuseeland von nun an unter britischer Regierung stehen würde.
Das Land sollte den Māori laut der māorischen Übersetzung jedoch weiter gehören. Und hier beginnt das große Problem, dass ich tatsächlich auch leider in einem Blogartikel nicht auf den Punkt bringen kann, zumal ich auch nicht alles verstanden habe, es ist einfach sehr komplex und es gehört viel kulturelles Hintergrundwissen dazu.
Was ich verstanden habe ist jedoch, dass das Verständnis von Landbesitz in der europäischen Kultur ein ganz anderes ist, als in der māorischen.
In Europa kann man Land besitzen, man kauft es, im māorischen Verständnis kümmert man sich um Land und nutzt es, es ist aber nichts, was man besitzen kann. In etwa so wurde es mir erklärt, dass man in einer Beziehung auch keinen Menschen besitzt, sondern miteinander lebt. Dieses Verständnis wird noch immer auf den pazifischen Inseln praktiziert, wo man Land nicht erwerben kann, sondern es wird einem durch die Familie mit Abstimmung der Dorfältesten gegeben, damit man sich um das Land kümmert.
Dieses unterschiedliche Verständnis von Landbesitz führte dazu, dass die Europäer den Māori das Land wegnahmen und es untereinander verkauften und die Māori vertrieben wurden.
Bis in die 1960er Jahre wurden Māori systematisch diskriminiert. Sie mussten andere Schulen als die Weißen besuchen, durften bestimmte Läden nicht besuchen und in zugewiesenen Arealen wohnen. Unvorstellbar finde ich, und musste im nächsten Augenblick an die Roma denken, die noch heute in Europa systematische Diskriminierung erfahren (siehe Artikel unter Rumänien).
Was ich auch sehr spannend fand zu erfahren: Bei Māori handelt es sich um eine gesprochene Sprache, die ihre Geschichten und ihr Wissen mündlich überliefert hat, es gibt also wenig Aufgeschriebenes. Früher gab es in der Kultur der Māori ausgewählte Männer, die für alle Männerangelegenheiten zuständig waren, und Frauen, die sich um die Belange der Frauen kümmerten. Als die Europäer kamen, sprachen sie vorrangig mit den Männern, sodass ein Großteil des Frauenwissens nicht überliefert wurde und verloren ging, und nun der männliche Blick auf die Kultur überwiegt.
Generell muss ich sagen, dass sich seit 2006 und sogar seit 2019 viel in Neuseeland getan hat, die Te Reo (die Sprache der Māori) ist weit verbereiteter im Alltagsleben (siehe zum Beispiel das Security Video von Air New Zealand https://www.airnewzealand.com.au/safety-videos ) und im Parlament gibt es māorische Abgeordnete, mit denen sich die Parteien regelmäßig beraten.
Die sozialen Unterschiede sind aber auch noch heute deutlich sichtbar. Zum Beispiel sind noch immer Māori mehr von Armut betroffen als die Weißen.
Übrigens muss ich mich verbessern: In meinem Artikel über Sydney hatte ich geschrieben, dass die Sprache der Māori und auch die Kultur einheitlich ist. Das ist jedoch nicht der Fall. Es wurde für die Sprache ein Dialekt festgelegte wie bei uns Hochdeutsch.
Die Māori sagen nicht, sie seien Māori, sondern von welchem Stamm/Gebiet sie kommen, da es unterschiedliche Bräuche gibt. Wir sagen, wenn wir jemanden aus Deutschland treffen ja auch nicht, dass wir aus Deutschland kommen, sondern woher in Deutschland wir kommen, und sprechen mit unterschiedlichen Dialekten.
Waitangi befindet sich in der Nähe des kleinen Ortes Kerikeri, wo es wunderschöne Natur zu bestaunen gibt. Auch Whangarei liegt auf dem Weg dorthin, wo ich sehr überrascht über ein großes Museum über Hundertwasser war. Ich hatte wirklich keine Ahnung, dass er viele Jahre seines Lebens in Neuseeland verbrachte und dort sogar begraben liegt.
Generell ist der Norden Neuseelands sehr einsam und dünn besiedelt. Das kann man mögen, meins war es nicht unbedingt (zumal ich auch Pech mit dem Wetter hatte und es viel geregnet hat). Das öffentliche Verkehrsnetz ist nur schwach ausgebaut, ohne Auto kann man sich kaum die Sehenswürdigkeiten angucken, was sicherlich auch dazu beigetragen hat, dass der Norden Neuseelands nicht zu meiner liebsten Reise meines bisherigen Sabbaticals gehört hat. Aber jemand anders kann das natürlich wieder ganz anders wahrnehmen…
Deswegen war ich dann auch sehr froh, wieder zurück nach Auckland zu kommen – genau zum richtigen Zeitpunkt für die Ausstellungseröffnung einer Ausstellung von Frida Kahlo und Diego Rivera. Von da aus ging es mit dem Zug mit einem offenen Waggon und Kommentar zu touristischen Highlights nach Wellington und dort zu meiner Gastfamilie.
Eine wunderschöne Zeit mit viel Entspannung, Essen, einem Besuch im sehr empfehlenswerten Museum Te Papa (dort habe ich mich fünf Stunden in der Ausstellung über das Leben der Māori und der Menschen von den pazifischen Inseln in Neuseeland aufgehalten) und einer wunderbaren Nacht auf der Matiu/Somes Island.
Matiu Island ist eine kleine Insel neben Wellington, wo die kleinen blauen Pinguine heimisch sind. Seit ihrer Rente kümmern sich meine Gasteltern, zusammen mit Schülerinnen und Schülern benachbarter Schulen, um die Pinguine. Sie bauen Brutstellen für die Pinguine, zählen und beobachten sie. Auf der Matiu Island leben besonders viele von ihnen. Hier war ich dabei, als den Pinguinen Bänder mit einer Nummer umgemacht wurden und sah sogar kleine Babypinguine. Pinguine werden erst im Laufe ihres Lebens blau, sodass die Babys noch braun und sehr flauschig sind. Die Nacht auf dieser Insel, unter Sternenhimmel und mit dem Wissen um die Pinguine um einen herum, war wirklich ganz besonders. Bei einer Nachtwanderung sahen wir sogar Pinguine, die direkt neben unseren Füßen langliefen. Und ein morgendlicher Spaziergang um die Insel, bevor die Touristen auf der Fähre anlegten, gehört zu einer meiner schönsten Erinnerungen der Reise.
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